Solare Wasserdesinfektion
Was ist solare Wasserdesinfektion und wie kann es helfen, verunreinigtes Wasser aufzubereiten?
Solare Wasserdesinfektion (SODIS / Solar Water Disinfection) gilt als eine der vielversprechendsten Technologien um eine weltweite Trinkwasserversorgung zu ermöglichen. Sie verspricht bei sehr geringen Kosten die Bereitstellung kleiner Mengen Trinkwasser innerhalb von sechs Stunden. Die solare Wasserdesinfektion nutzt dafür UV-Licht durchlässige Flaschen, die meistens aus PET bestehen. Sie werden mit kontaminiertem Wasser gefüllt und anschließend waagerecht in die Sonne gelegt. Das UV-Licht tötet nicht nur Bakterien und Viren ab, sondern auch Parasiten wie Giardia und Cryptosporidien. Deswegen ist die solare Wasserdesinfektion auch gegen Erreger hilfreich, die gegen Chlor oder andere Chemikalien immun sind.
Antibakterielle Wirkung von UV-A-Strahlung
Die solare Wasserdesinfektion macht sich die antibakterielle Wirkung von UV-A-Strahlung in einem Wellenlängenbereich von 320 bis 440 nm zunutze. Wenn Zellen Strahlungen in dieser Wellenlänge ausgesetzt werden, verändert sich die Struktur der DNS durch photoinduzierte Cycloaddition. Benachbarte Thymidine können dann eine kovalente Bindung über einen Cyclobutan-Ring eingehen. Dies liegt daran, dass das Thymidin-Molekül ein Photon aufnimmt. In diesem Zustand kann es durch ein anderes Thymidin-Molekül, das sich im Grundzustand befindet, wechselwirken. In beiden Molekülen wird die Doppelbindung zwischen dem C5 und C6-Atom aufgehoben. Dafür bilden sich Einzelbindungen zwischen C5 und C6-Atomen der beiden Moleküle aus. Daraufhin ändert sich die räumliche Gestalt der DNS. Transkription und Replikation können nicht über diese Stelle hinausgehen, weil die dazugehörigen Proteine das Dimer nicht passieren können. Ein zusätzlicher keimtötender Effekt wird durch die Erhitzung des Wassers erzielt. Diese Wirkung der solaren Wasserdesinfektion kann dadurch verstärkt werden, dass die Behälter schwarz angemalt werden.
UV-Strahlung kann sämtliche Organismen beeinträchtigen und die solare Wasserdesinfektion macht sich dieses Prinzip zunutze, indem UV-durchlässige Wasserflaschen gezielt über einen längeren Zeitraum der Sonne ausgesetzt werden. Je nach Sonnenintensität kann die solare Wasserdesinfektion auch länger als sechs Stunden in Anspruch nehmen. Bei bedecktem Himmel benötigt SODIS bis zu zwei Tage. Sie funktioniert lediglich bei langanhaltendem Regen nicht. Dann können Menschen allerdings stattdessen auf frisches Regenwasser zurückgreifen.
Für die solare Wasserdesinfektion kommen jedoch nur handelsübliche Flaschen bis zu 2 Liter Inhalt infrage. Da die UV-Strahlung mit der Eindringtiefe abnimmt, sind größere Behälter für SODIS ungeeignet. Bereits bei 10 cm Tiefe hat sich die UV-Strahlung halbiert.
Tragweite der Technologie
Derzeit sterben nach Angaben der WHO zwei Millionen Menschen an verunreinigtem Trinkwasser. Über 800 Millionen Menschen haben keinen regelmäßigen Zugang zu sauberem Wasser. Die solare Wasserdesinfektion ist auch in Entwicklungsländern kostengünstig anwendbar. Alles, was benötigt wird, sind PET-Flaschen. Zudem ist kein technisches Fachwissen notwendig, um die solare Wasserdesinfektion zu nutzen. Nach kurzer Erklärung ist sie unabhängig von Bildungshintergrund und Alter von jedem nutzbar. Vor allem in ländlichen Regionen in Entwicklungsländern fehlte bis jetzt die Infrastruktur, um reines Trinkwasser bereitzustellen. Die solare Wasserdesinfektion benötigt solche Strukturen nicht und erfordert somit auch keine hohen Investitionen.
Probleme und Erfolge von SODIS
Eine der größten Herausforderungen ist die Akzeptanz bei der Bevölkerung. Selbst unter Gruppen, denen die solare Wasserdesinfektion bekannt ist, wird sie vergleichsweise selten genutzt. Grund dafür ist, dass gereinigtem Trinkwasser bei extremer Armut keine hohe Bedeutung beigemessen wird und der Aufwand zwar klein ist, aber dennoch ausreichende Motivation erfordert.
Die solare Wasserdesinfektion gilt zudem als wesentlich weniger zuverlässig als das Abkochen von Wasser. Allerdings wird hierfür keine Energie benötigt, sodass mit SODIS gereinigtes Wasser in jedem Fall unbehandeltem Wasser vorzuziehen ist.
Tatsächlich konnte die solare Wasserdesinfektion bei Pilotprojekten mit einer deutlich verminderten Infektionsquote für Magen-Darm-Erkrankungen punkten. Allerdings war sie nicht in der Lage, die Krankheiten völlig zu vermeiden. Dafür war auch verantwortlich, dass die Infektionen auch von Mensch zu Mensch übertragen werden.
Der gesundheitsschädigende Ruf von PET-Flaschen konnte nicht belegt werden. Die solare Wasserdesinfektion erfordert ein mehrfaches Nutzen der Behälter. Dennoch konnte keine signifikante Zunahme von Schadstoffen in einer gesundheitsschädigenden Menge nachgewiesen werden.
Quellen und weiterführende Informationen:
- Lambert M. Surhone, Miriam T. Timpledon, Susan F. Marseken (2009). "Solar Water Disinfection."
- Berney M., Weilenmann H.-U., Egli T. (2007). Adaptation to UVA radiation of E. coli growing in continuous culture. Journal of Photochemistry and Photobiology B: Biology, 86(2), 149-159.
- Europäisches Parlament (2011) Jeder sechste Mensch hat keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser.
- Hobbins M. (2003). The SODIS health impact study (Summary Report). Basel: Swiss Tropical Institute.
- Fewtrell, Lorna, et al. "Water, sanitation, and hygiene interventions to reduce diarrhoea in less developed countries: a systematic review and meta-analysis." The Lancet infectious diseases 5.1 (2005): 42-52.
- Schmid P., Kohler M., Meierhofer R., Luzi S., & Wegelin M. (2008). Does the reuse of PET bottles during solar water disinfection pose a health risk due to the migration of plasticisers and other chemicals into the water? Water Res., 42(20), 5054-5060.
- Joseph Gimunta Mahiri (2012). Spatial Analysis of Solar Water Disinfection (SODIS) and Household Water Management in Slums: A Case Study of Kibera Slum, Nairobi, Kenya. (bezahlter Link auf Amazon.de - Als Amazon-Partner verdiene ich an qualifizierten Verkäufen.)